Im Morgengrauen verlasse ich mein Haus, steige in mein Auto und fahre los zum Baumarkt. Dort kaufe ich mir, wie jeden Morgen, einen kleinen Hamster. Anschließend fahre ich weiter in die Arbeit. Im Büro angekommen, mache ich mir einen Kaffee und kippe einen Schuss Sojamilch in den Becher. Seit zwei Jahren bin ich nun Veganer, aus gesundheitlichen Gründen. Ich will meinen Körper schützen, deshalb achte ich darauf, was ich esse.
In der Mittagspause gibt es in der Kantine einen Schweinebraten, ich knabbere an meinem Salat. Die Kollegen lästern, wie immer. Sie nennen mich einen Öko-Heini. Jeden Tag dasselbe. So ein Quatsch, ich bin eigentlich gar kein Öko-Heini, ich mache das aus rein gesundheitlichen Gründen. Nach der Arbeit fahre ich, wie jeden Tag, in ein kleines Waldstück, das ich mir gekauft habe. Ich hole die Motorsäge aus meinem Kofferraum und fälle zwei Bäume, wie jeden Tag. Anschließend mache ich mich auf den Heimweg.
Zuhause angekommen, stelle ich mein Auto auf dem Parkplatz ab und klemme mir die Schachtel mit dem Hamster unter den Arm. Am Parkplatz liegt ein Zettel auf dem Boden. „Sie blödes Arschloch, hören Sie auf, unsere Umwelt zu verpesten!“ Solche Zettel liegen hier mehrmals im Monat. Mein Auto wurde auch schon einige Male zerkratzt. Aber ich werde mich nicht einschüchtern lassen! Auch heute lasse ich, wie jeden Tag, den Motor meines Autos einfach laufen. Mein Auto läuft mittlerweile seit zwei Jahren durch.
Sobald ich die Wohnungstür hinter mir geschlossen habe, packe ich den Hamster, lege ihn in meinen Mixer, übergieße ihn mit etwas Abflussreiniger und warte eine Stunde. Nachdem die Haut des Hamsters überall angeschwollen ist, lasse ich den Mixer auf höchster Stufe laufen. Schaut irgendwie immer aus wie Tomatensaft. Die Flüssigkeit entsorge ich über den Abfluss. Anschließend nehme ich noch ein paar Kilogramm Getreide, welches ich mir immer von einem Bauern um die Ecke besorge und werfe dieses originalverpackt in den Restmüll.
Dann, so sieht es mein Tagesablauf vor, gehe ich noch etwas im nahe gelegenen Wald spazieren. Dort kippe ich dann immer einen halben Liter Erdöl auf den Waldboden. Jeden Abend vor dem Schlafen gehe ich noch Duschen. Dabei erspare ich mir den Griff zum Wasserhahn, da meine Dusche generell rund um die Uhr läuft.
Warum ich das alles mache? Ich möchte einfach nicht als Öko-Heini bezeichnet werden – die Umwelt ist mir schließlich nicht so wichtig. Deshalb versuche ich, die positiven Effekte wieder auszugleichen, welche die vegane Ernährung mit sich bringt. Warum sollte nur ein Fleischesser das Recht haben, das Klima zu belasten? Warum darf nur ein Fleischesser das Grundwasser verschmutzen? Weshalb sollen Veganer nicht Wasser verschwenden dürfen? Wieso ist es dem Fleischesser vorbehalten, zum Vergnügen Tiere zu töten? Und warum darf ein Veganer eigentlich keine Lebensmittel sinnlos vernichten?
Ich will der Umwelt nicht vorsätzlich schaden, nein, so ein Mensch bin ich wirklich nicht. Dafür ist mir unsere Umwelt viel zu wichtig. Aber warum sollte ich weniger Umweltschäden verursachen müssen als ein Fleischesser, nur weil ich mich aus gesundheitlichen Gründen vegan ernähre? Wir sind schließlich ein freies Land, und auch wenn ich Veganer bin, habe ich trotzdem dieselben Rechte wie meine Fleisch essenden Mitmenschen!
"Alle Übertreibung geht in der Absicht zu weit, damit man durch die Unwahrheit zur Wahrheit gelange."
Lucius Annaeus Seneca - (ca. 4 v.Chr. - 65 n.Chr.) - Römischer Philosoph, Naturforscher, Politiker